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Fristlose Kündigung nach Veröffentlichung von Patientendaten auf Facebook?

Koreng/Lachenmann, Formularhandbuch Datenschutzrecht

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Folgt für Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung nach Veröffentlichung von Patientendaten auf Facebook? In aller Regel ja, so das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 29.10.2013  – 57 Ca 8720/13; z.B. hier im Volltext) – im entschiedenen Einzelfall aber doch nicht. Dort hatte eine Krankenschwester Fotos eines neugeborenen Kindes gemacht und bei Facebook hochgeladen. Das LAG sah die fristlose Kündigung nach dieser Veröffentlichung von Patientendaten als nicht gerechtfertigt an, was an den konkreten Umständen lag, eine Abmahnung sei hier ausreichend gewesen. Das ist aber nicht immer der Fall.

Nicht nur Ärzte unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht, sondern auch deren Mitarbeiter/-innen. Ein Verstoß dagegen ist gem. § 203 StGB eine Straftat. Die Verschwiegenheitspflicht erfasst selbst die Information, dass eine Person Patient bei dem Arzt/Krankhaus ist. Das öffentliche Zeigen eines Fotos eines Patienten, auch wenn es ein Säugling ist, ist damit eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und eine Straftat. Dies ist ohne Zweifel eine gravierende Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten durch die Arbeitnehmerin.

Fristlose Kündigung nach Veröffentlichung von Patientendaten auf Facebook?

Das LAG Berlin-Brandenburg sah die fristlose Kündigung nach Veröffentlichung von Patientendaten auf Facebook als unwirksam an, ein wichtiger Grund habe nicht vorgelegen. Denn da es sich um ein Säuglingsfoto handelte, seien Individualisierungsmerkmale kaum ausgeprägt gewesen, auch das Zeigen des Vornamens ändere daran nichts. Zudem hätten die Kommentare der Arbeitnehmerin gezeigt, dass sie echte Gefühle für das Kind empfinde und sie es alles andere als verächtlich machen wolle oder gar unlautere Ziele verfolgt habe. Eine Abmahnung sei geeignet, das Verhalten der Arbeitnehmerin zu ändern und nicht entbehrlich, da im Einzelfall keine gravierende Rechtsverletzung bestanden habe. Für eine ordentliche Kündigung hätten keine Gründe vorgelegen.

Jedoch stellte das LAG eindeutig klar, dass die Arbeitnehmerin mit der Veröffentlichung der Patientendaten auf Facebook-Auftritt ihre Schweigepflicht als medizinische Mitarbeiterin der Beklagten verletzt habe. Denn sie war sowohl arbeitsvertraglich als auch nach § 203 StGB, § 5 BDSG gesetzlich verpflichtet, die Behandlung des Patienten sowie deren nähere Umstände geheim zu halten. „Eine ungenehmigte Verbreitung von Patientenbildern in einem sozialen Netzwerk wie Facebook  stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Schweigepflicht dar.“ Denn dadurch könnten die Persönlichkeitsrechte des Patienten schwerwiegend verletzt werden, da der Personenkreis nicht zu begrenzen ist. Folge: „Ein derartiges Verhalten ist deshalb „an sich“ ohne weiteres geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen.

Folgen für Arbeitnehmer des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg zur Veröffentlichung von Patientendaten im Internet :

Bedenken Sie, dass Sie eine Straftat begehen, wenn Sie Patientendaten im Internet, bei Facebook oder anderswo veröffentlichen! Dies kann also sowohl strafrechtliche als auch arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, fristlose Kündigung) haben. Daher sollten Sie unbedingt auf jede Information über Patienten verzichten. Selbst der Name eines Patienten oder dass eine Person Patient in der Praxis ist, ist von der Schweigepflicht umfasst. Dass das LAG vorliegend die fristlose Kündigung zurückgewiesen hat, war eine Einzelfallentscheidung und ist nicht der Regelfall!

Folgen für Arbeitgeber des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg zur Veröffentlichung von Patientendaten im Internet :

Arbeitgeber sollten der Veröffentlichung von Patientendaten im Internet durch Mitarbeiter vorbeugen. Denn auch wenn es unaufgefordert durch Mitarbeiter begangen wurde, kann die Staatsanwaltschaft auch gegen den Arzt/Arbeitgeber ermitteln. Ist das Kind in den Brunnen gefallen, sollte vor Maßnahmen ein Anwalt konsultiert werden, der im Einzelfall prüft, ob eine Abmahnung oder Kündigung ausgesprochen werden kann. Besonders hohe Relevanz gilt aber der Prävention: Machen Sie Ihren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern klar, welche Folgen die Veröffentlichung von Patientendaten im Internet haben kann und wie wichtig die Schweigepflicht zu nehmen ist. Unbedingt sollten Ihren Mitarbeiter folgende Dokumente vorgelegt werden:

  • Verpflichtung auf das Datengeheimnis gem. § 5 BDSG mit Informationsblatt
  • Gesondertes Informationsblatt über die gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten nach § 203 StGB
  • eventuell die Niederschrift über die Schweigepflicht nach § 9 BAT

Gerne stellen wir Ihnen diese Dokumente bereit und beraten Sie zur Umsetzung der Schweigepflicht.

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