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Wann ist das Widerrufsrecht für Hygieneartikel ausgeschlossen?

Immer wieder fragen mich Onlinehändler, ob sie Hygieneartikel zurücknehmen müssen und ob ein Widerrufsrecht für den Kunden überhaupt besteht.

  • 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB regelt, dass das Widerrufsrecht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Was sind überhaupt Hygieneartikel – zählt Sexspielzeug dazu?

Hierunter fallen freiverkäufliche Arzneimittel, Medizinprodukte, Fertiggerichte, Kosmetik- und Hygieneartikel, die bei Lieferung versiegelt sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Ob Sexspielzeug dazu zählt, wurde kürzlich vom OLG Hamm (22.11.2016, 4 U 65/15) entschieden: Es sah es richtigerweise als Hygieneartikel an, ließ aber die Revision zum BGH zu, das Thema bleibt also spannend.

Wichtig: Es fallen nur Artikel darunter, die bei Lieferung versiegelt wurden und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde! Das heißt, dass nicht grundsätzlich alle Hygieneartikel darunter fallen.

Wann liegt eine Versiegelung vor?

Die Verpackung muss als Versiegelung erkennbar sein, es reicht also nicht aus, nur eine Plastikverpackung um das Produkt zu machen oder ähnliches. Das Schutzsiegel muss direkt an der Verpackung angebracht sein. Eine Versiegelung liegt also nur vor, wenn es sich um eine besondere Art der Verpackung handelt. Sie darf nicht nur zum Schutz des Hygieneartikels sein und darf nicht nach dem Öffnen nicht leicht wieder angebracht werden können. Sie muss als Gewähr für die Unversehrtheit eines Produkts erkennbar sein.

Beispiele für eine Versiegelung von Hygieneartikel sind z.B. die Folie im Schritt von Unterwäsche, die Aluverpackung in einer Cremedose oder Laschen von Flaschen auf Milchpackungen etc. Nicht darunter fallen Artikel, die der Händler reinigen und wieder verkaufen kann, z.B. Unterwäsche.

Fazit?: Es fallen weit weniger Hygieneartikel unter die Ausnahmevorschrift des § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB als einem Unternehmer lieb sein kann.

Welche Möglichkeiten bleiben dem Unternehmer, wenn er Hygieneartikel verkauft?

Dem Unternehmer bleibt für den Fall, dass er ein Produkt nicht mehr verkaufen kann, weil es benutzt wurde, nur noch Wertersatz gemäß § 357 Abs. 7 BGB – ein kleiner Trost – denn: der Wertverlust muss auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen sein, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war,
und der Unternehmer muss den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch über sein Widerrufsrecht unterrichtet haben.

Mein Tipp: Versehen Sie Ihren Hygieneartikel mit der Aufschrift: „Hygienesiegel“

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