Kanzlei Lachenmann Onlinerecht IT-Recht

Bei nicht-Einrichtung eines Compliance-Systems: Haftung des Vorstands!

Vorstand/Geschäftsführung von AGs/GmbHs unterliegen der Haftung bei mangelnder Einrichtung und Überwachung eines Compliance-Systems im Unternehmen. Dies entschied nunmehr das LG München I. Ein ehemaliger Siemens-Vorstand wurde zur Zahlung von 15 Mio € an Siemens verurteilt. Nicht helfen konnte ihm, dass er nur einer von 10 Vorständen war und keinerlei Wissen über die Unregelmäßigkeiten hatte. Dies überrascht nicht, denn dies ergibt sich bereits recht deutlich aus § 91 Abs. 2 AktG. Seine Vorstandskollegen hatten vorausschauend bereits 2010 Vergleiche mit Siemens abgeschlossen, nur der nun Verurteilte ließ es darauf ankommen – und wäre in einem Vergleich vermutlich deutlich besser weggekommen.

Das Urteil (LG München I, Urteil v. 10.12.2013 – 5 HKO 1387/10) ist noch eine Nachwirkung des Bestechungs-Falls bei Siemens, wo ein umfangreiches System „schwarzer Kassen“ (mittels Scheinberaterverträgen mit Scheinrechnungen) etabliert war, die zur Bestechung von Entscheidungsträgern verwendet wurden. Dies führte bekanntlich zu großen Umwälzungen im Konzern, inzwischen gilt Siemens als Vorzeigeunternehmen. Damals gab es noch kein funktionierendes Compliance Management System (CMS). Dies hat sich inzwischen grundlegend geändert.

Gemäß § 91 Abs. 2 AktG gilt, dass ein Überwachungssystem einzuführen ist, das Sachverhalte aufdecken soll, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden könnten. Erfasst sind nicht nur aktuelle Sachverhalte, sondern auch zukünftige Risiken. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, die sich bereits aus den Aufgabenbereichen der Vorstände ergibt, die jedoch deutlich ins Gesetz aufgenommen wurde. Das LG München I bestätigte nunmehr, dass Vorstände für die Einrichtung und Funktionsfähigkeit eines solchen Compliance-Systems persönlich verantwortlich sind und bei Fehlern dafür haften. Zuständig für die Einrichtung und Kontrolle des Compliance-Systems ist stets der gesamte Vorstand bzw. die gesamte Geschäftsführung. Davon unabhängig ist eine organisatorische Aufteilung einer besonderen Verantwortlichkeit bei einem Vorstandsmitglied von besonderer Bedeutung, je größer das Unternehmen ist.

Natürlich sind viele Entwicklungen zur Einrichtung von Compliance Systemen auch kritisch zu sehen. Nicht nur, dass Unternehmen in vielen Ländern ohne Bestechung schlichtweg nicht tätig werden können und so auf Kosten eigener Mitarbeiter rechtswidrig handelnde Unternehmen in Jurisdiktionen mit weniger strikten Compliance-Gesetzen bevorzugt werden. Auch wird die Strafverfolgung und Verfolgung rechtswidrig handelnder Mitarbeiter zunehmends privatisiert (z.B. wurde bei Siemens eine umfangreiche interne Verfolgung durch eine US-Anwaltskanzlei durchgeführt). Hier fehlen den betroffenen Mitarbeiter oft elementare Grundrechte, wie das Recht, sich nicht selbst zu belasten und Aussagen zu verweigern.

Dieser Beitrag wurde in Arbeitsrecht, Blog, Compliance veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Sowohl Kommentare als auch Trackbacks sind geschlossen.