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BGH-Urteil „Morpheus“: Besprechung und Bewertung: Gute Nachrichten für Abgemahnte

Das Urteil des BGH namens „Morpheus“, wird eine deutliche Entlastung für Abgemahnte bringen! In der Gesetzesbegründung führt der BGH aus, dass Anschlussinhaber jeden belehren müssen, dem sie den Zugang gestatten. Wenn dies geschehen ist, haften diese nur noch sehr eingeschränkt. Auch eine Störerhaftung wurde vorliegend ausgeschlossen. Gegenstand war die Haftung der Eltern für ihre Kinder, wenn diese Urheberrechtsverletzungen im Netz begehen (insbesondere Filesharing).

Um was ging es bei „Morpheus“?

Unter der IP-Adresse des Beklagten Ehepaares wurden im Januar 2007 insgesamt 1147 Audiodateien in einer Filesharing-Tauschbörse angeboten. Damals bekam man noch Hausbesuch von der Staatsanwaltschaft, die den Computer beschlagnahmte. Es folgte die Abmahnung durch vier große Musiklabels. Der damals 13-jährige Sohn gab zu, die Dateien heruntergeladen zu haben, er habe aber nicht gewusst, dass sie gleichzeitig hochgeladen werden. Entscheidend war, dass die Eltern glaubhaft machen konnten, die Kinder regelmäßig belehrt zu haben, dass sie im Netz nichts Unrechtes tun dürften.

Was wurde in „Morpheus“ entschieden?

Während die ersten beiden Instanzen der Klage stattgegeben hatten, wies der BGH nun die Klage ab. Eine Pflicht zum Schadensersatz bestünde nicht, da die Eltern Ihrer Aufsichtspflicht genüge getan hätten. Der BGH schloss sich der Meinung an, dass Eltern, die ihrem minderjährigen Kind ihren Internetanschluss zur Verfügung stellen, ihrer Aufsichtspflicht grundsätzlich bereits dadurch genügen, dass sie das Kind über die mit der Internetnutzung verbundene Gefahr von Rechtsverletzungen belehren, wobei sich Inhalt und Umfang der Belehrung nach Alter und Einsichtsfähigkeit des jeweiligen Kindes richten. Diese klaren Worte des „Morpheus“-Urteils sind zu begrüßen und helfen in der Praxis deutlich weiter:

Zu weitergehenden Maßnahmen als die Belehrung der Kinder (z.B. ständige Überwachung beim Surfen, teilweise Sperrung des Zugangs) besteht nur Verpflichtung, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass das Kind Rechtsverletzungen begeht.

Weiterhin stellte der BGH klar:

  • Die Eltern haften nicht als Täter oder Teilnehmer (gem. § 97, 19a UrhG), wenn Ihr belehrtes Kind Rechtsverletzungen begeht, auch nicht auf Schadensersatz.
  • Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, der die IP-Adresse zuzuordnen ist. Dies ist die Bestätigung der Rechtsprechung im Urteil „Sommer unseres Lebens“.
  • Diese tatsächliche Vermutung kann jedoch entkräftet werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass allein ein Dritter die Rechtsverletzungen beging und dem Anschlussinhaber nichts bekannt war. Leider geht der BGH hier nicht über den Fall hinaus auf die Umstände ein, die die Vermutung erschüttern können, wie der Kollege Ferner in seiner Urteilsbesprechung (Link s.u.) zu Recht bedauert – allerdings war dies auch nicht zu erwarten.

Ein wichtiger Punkt, der an dem Urteil sehr zu begrüßen ist, ist die Klarstellung: Es besteht in diesen Fällen keine Störerhaftung! „Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus.“ Diese Prüfpflichten bemessen sich an den oben genannten Wertungen.

Bewertung des „Morpheus“-Urteils:

Das Urteil bringt Erleichterungen in den Fällen, dass Kinder die Tauschbörsen genutzt haben. Wenn die Eltern das Kind (wenn es die Dateien tatsächlich heruntergeladen hat) als Täter benennen und dies glaubhaft versichern können, müssen Sie selbst nichts zahlen. Allerdings ist dann das Kind verantwortlich. Dieses kann gleichzeitig mit der Benennung eine Unterlassungserklärung abgeben. Dann müsste das Kind nur noch Schadensersatz bezahlen (siehe § 828 BGB), jedoch hat man die Sache damit relativ günstig vom Tisch. Pauschal kann dies natürlich nicht bestimmen, insbesondere da das Kind dann lebenslang auf Unterlassung verpflichtet ist, was bei einem Kind durchaus „nicht ohne“ ist. Es bedarf daher einer sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls in Bezug auf das Urteil, wie nun vorzugehen ist. Interessant wird es bei mehreren Kindern – und bei der Frage, ob Abgemahnte Ihrer Darlegungslast nur nachkommen, wenn sie die Täter ans Messer liefern.

Positiv ist jedenfalls, dass der BGH sich deutlich gegen eine zu weitgehende Anwendung der Störerhaftung ausspricht. Dies stärkt die Argumentation auch in vielen anderen Fällen, z.B. wenn WG-Mitbewohner/Freunde Zugang zum Internet hatten, in Hotels/Internetcafés oder bei Internetanschlüssen ohne PCs vorhanden war. Hieraus werden sich noch einige positive Urteile für Abgemahnte ergeben. Die Bewertung des „Morpheus“-Urteils fällt also sehr erfreulich aus.

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