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Die Warenkauf-Richtlinie wurde beschlossen – Ein Update für das Kaufrecht

Nun ist es soweit! Der Bundestag hat in einer letzten Sitzung vor der Sommerpause und der bevorstehenden Bundestagswahl die Umsetzung der europäischen Warenkauf-Richtlinie beschlossen. Ich hatte über den Regierungsentwurf bereits im April dieses Jahres berichtet. Online-Händler sollten sich jetzt vorbereiten.

Die Änderungen im Kaufrecht aufgrund der Warenkauf-Richtlinie gelten für Verträge, die ab dem 1.1.2022 geschlossen werden. Da aber eine Vielzahl von Neuerungen auf (Online-)Händler zukommen werden, sollten Sie sich nicht zu viel Zeit mit der Umsetzung lassen.

Welche Änderungen bringt die Warenkauf-Richtlinie für (Online-)Händler?

Wie bereits zu erwarten war, wurden seitens des Bundestags und des Bundesrats keine weiteren Änderungen an dem Regierungsentwurf beschlossen. An dieser Stelle möchte ich Ihnen noch einmal kurz die wesentlichsten Änderungen vorstellen. Weitere Informationen finden Sie in meinem vorherigen Blog-Beitrag zu den Änderungen aufgrund der Warenkauf-Richtlinie.

Der Sachmangelbegriff in § 434 BGB wird durch die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie grundlegend reformiert. War es bisher für die Mangelhaftigkeit einer gekauften Sache ausreichend, wenn die Ware nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies, muss sie nun eine Reihe von objektiven (zum Beispiel Sicherheit oder Haltbarkeit) und subjektiven, also individuellen, Anforderungen erfüllen.

Auch die Verlängerung der Beweislastumkehrregelung in § 477 BGB wurde endgültig beschlossen. Verbraucher können nun die gekaufte Ware innerhalb einer Frist von einem Jahr zurückgeben, ohne den Nachweis für die Mangelhaftigkeit der Ware erbringen zu müssen. Vor der Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie war dies nur innerhalb von sechs Monaten möglich. Für „Sachen mit digitalen Elementen“, dazu gleich mehr, gilt sogar ein Zeitraum von zwei Jahren.

Bestimmungen zur Garantie einer gekauften Sache müssen dem Käufer nun auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, wobei eine schriftliche Erklärung, auch in Form einer E-Mail, ausreichend ist. Darin muss explizit erklärt werden, dass die Gewährleistung unentgeltlich erfolgt und andere Mängelgewährleistungen nicht ausgeschlossen werden.

Die wohl weitreichendste Änderung des BGB durch die Warenkauf-Richtlinie betrifft die Einführung der „Sache mit digitalen Elementen“. Dazu zählen z.B. Smart-Geräte, wie das Smartphone oder auch Fitnesstracker, sowie Fahrzeuge mit eingebauter Navigationssoftware. Diese müssen künftig durch den Verkäufer aktualisiert werden. Leider hat es der Gesetzgeber verpasst, dahingehend im weiteren Verfahren einen Zeitraum festzulegen. Dies wurde bereits im Vorfeld von vielen Stellen bemängelt. Für die Bestimmung des Zeitraums soll nämlich allein darauf abgestellt werden, was der Käufer nach den Umständen unter Berücksichtigung des Zwecks und der Art der verkauften Sache erwartet. Die Bundesjustizministerin, Christine Lambrecht, sprach in einem Interview kurz nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs zur Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie von einem Zeitraum von fünf Jahren. Im Zweifel wird es also auf die Entscheidung der Gerichte ankommen.

Händler dürften häufig auch gar nicht in der Lage sein, die entsprechenden Betriebssysteme aktuell zu halten. Sie sind auf die Mitwirkung ihrer Lieferanten angewiesen. Es dürfte für die Händler deswegen nur ein geringer Trost sein, dass die Warenkauf-Richtlinie für sie die Möglichkeit geschaffen hat, den ursprünglichen Hersteller für die Aktualisierung in Regress zu nehmen. Damit wird es dem Verkäufer aber auch ermöglicht, den Einwand der subjektiven Unmöglichkeit zu erheben. Tut er dies, wird er von der Aktualisierungspflicht enthoben. Diese Regelung stärkt den Verbraucherschutz also nur bedingt.

Welche weiteren Auswirkungen hat die Warenkauf-Richtlinie auf den (Online-)Handel?

Für die Händler, egal ob stationär oder online, bedeutet die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie erstmal einmal eine Analyse ihrer derzeitigen Geschäftspraktiken. (Online-)Händler werden nicht umhinkommen, ihre AGB zu überprüfen. Dies empfehle ich im Übrigen regelmäßig – auch ohne bevorstehende Gesetzesänderung -, um sich gegenüber potentiellen Abmahnungen von Konkurrenten abzusichern.

Eine Überarbeitung der AGB sollte zum einen vor dem Hintergrund der Änderungen zu den Garantiebestimmungen und zum anderen wegen möglicher Abweichungen im Rahmen der Eigenschaften des verkauften Gegenstandes erfolgen. So ist es nämlich nach der neuen Gesetzeslage zulässig, mit dem Käufer zu vereinbaren, dass die gekaufte Sache von denen im Gesetz festgelegten objektiven Anforderungen abweicht. Außerdem sollten sich Händler aus dem Digital- bzw. Elektronikbereich auf die Aktualisierungspflicht vorbereiten. Sollten sie nicht selbst Hersteller der Ware sein, was wohl häufig der Fall sein wird, so macht es Sinn, auch die vertraglichen Ausgestaltungen mit den Herstellern zu überprüfen und zu überarbeiten.

Für Händler, die schon im europäischen Raum verkaufen, könnte sich die Vertragsabwicklung durch die Warenkauf-Richtlinie sogar vereinfachen. Diese hat nämlich eine Harmonisierung des gesamten europäischen Kaufrechts zum Ziel. Für andere, die mit dem Gedanken spielen, ihr Geschäft auf den europäischen Raum auszuweiten, könnte dies also eine echte Chance sein.

Ein Fazit zur Warenkauf-Richtlinie

Zwar kann durch die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie der Verbraucherschutz gestärkt werden und das Kaufrecht wird an die voranschreitende Digitalisierung angepasst. Auf der anderen Seite wird sich der erhebliche Mehraufwand der Verkäufer sicherlich auch auf den Preis auswirken. Für (Online-)Händler hat sich wenig verbessert. Im Gegenteil, auf sie wird nun mal wieder eine Flut an Arbeit zukommen – aber es wird sich lohnen, um sich vor Risiken zu schützen und den Kunden aufzuzeigen, dass man als vertrauenswürdiger Händler mit den aktuellen rechtlichen Vorgaben befasst.

Fragen? Ich berate Sie gerne!

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