Ist die gemeinsame elterliche Sorge möglich trotz einem fortgesetzten, destruktiven Elternstreit? Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. (Beschluss vom 9.9.2013 – Az.: 7 UF 66/13) hatte über die Beschwerde eines nichtehelichen Vaters zu entscheiden, der die gemeinsame elterliche Sorge beantragt hatte für sein 2008 geborenes Kind. Das OLG wies die Beschwerde des Vaters wegen Gefährdung des Kindeswohls zurück. Das OLG begründete seine Auffassung damit, dass die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetze. Diese war nach Auffassung des OLG im entschiedenen Fall nicht gegeben.
Was war geschehen? Die Eltern des Kindes, das bei der Mutter lebte, stritten sich über Jahre hinweg heftig und lehnten sich gegenseitig entschieden ab. Es bestand ein 14tägiges Umgangsrecht mit dem Vater, bei diesen Treffen kam es aber immer wieder zu heftigem destruktivem Streit zwischen den Eltern. Eine Kommunikation zwischen den Eltern war nicht möglich.
Das OLG lehnte deshalb eine gemeinsame elterliche Sorge ab, es sei dadurch eine Verschärfung der Konflikte zwischen den Eltern zu erwarten. Es sei nicht zu erwarten, dass die Eltern in der Lage wären, gemeinsame Entscheidungen, das Kind betreffend, zu fällen. Vielmehr käme es zu weiteren Auseinandersetzungen, die für das Kind eine zusätzliche Belastung darstellen würden und somit dem Kindeswohl widersprächen.
Gesetzeslage: Nach § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB stellt die gemeinsame elterliche Sorge – auch bei nichtehelichen Kindern – den gesetzlichen Regelfall dar. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass es grundsätzlich dem Kindeswohl entspricht, wenn beide Elternteile gleichberechtigt Verantwortung tragen. Auch gelegentliche Kommunikationsschwierigkeiten ändern nichts an dieser Entscheidung. Allein der Fall, dass eine nachhaltige und schwerwiegende Störung vorliegt, rechtfertigt eine andere Entscheidung. Wenn zu befürchten ist, dass die Eltern nicht in der Lage sind, eine Entscheidungsfindung zu ermöglichen, würde dies das Kind erheblich belasten. Es kommt nach der Rechtsprechung auch nicht darauf an, wer für die auftretenden Konflikte verantwortlich sei. Die Gerichte sind allerdings verpflichtet, sich Gewissheit zu verschaffen, dass die Auswirkung der Streitereien das Kind erheblich belasten würden.
Fazit zur gemeinsamen elterlichen Sorge bei fortgesetztem destruktiven Elternstreit:
Grundsätzlich besteht ein Anspruch des nichtehelichen Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Allein die Ablehnung der Kooperation und Kommunikation durch einen Elternteil reicht für die Ablehnung nicht aus. Vielmehr muss eine nachhaltige und schwerwiegende Störung der Beziehung zwischen den Eltern vorliegen, die durch das Familiengericht mit Hilfe des Jugendamts und eines Verfahrenspflegers für das Kind zu ermitteln sind.