Ein Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei Kamera-Attrappen, so ein aktueller Beschluss des LAG Mecklenburg-Vorpommern (vom 12. November 2014 – Az. 3 TaBV 5/14, NZA-RR 2015, 196; z.B. hier im Volltext). Der Betriebsrat hatte ein Mitbestimmungsrecht zu Einrichtung und Betrieb der Kamera-Attrappe gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG geltend gemacht und die Einrichtung einer Einigungsstelle verlangt. Das Arbeitsgericht hatte der Einrichtung einer Einigungsstelle zugestimmt, da ein Mitbestimmungsrecht nicht von vornherein auszuschließen sei. Ein ausführlicher Kommentar von RA Lachenmann, mit RA Markus Lang, ist erschienen in Heft 10/2015 der neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA).
Der Betriebsrat war der Auffassung, auch eine Kameraattrappe sei geeignet, das Verhalten der Arbeitnehmer und die Ordnung im Betrieb zu steuern. Die Arbeitgeberin habe die Belegschaft nicht darüber aufgeklärt, dass es sich um eine Attrappe handelte. Daher sei eine mittelbare Steuerung des Verhaltens der Mitarbeiter gegeben, so dass sie ein Mitbestimmungsrecht an der Kamera-Attrappe habe. Daher sei er auch nicht offensichtlich Unzuständig (§ 99 ArbGG).
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied nun, dass der Betriebsrat offensichtlich unzuständig sei und kein Mitbestimmungsrecht bei Kamera-Attrappen habe. Denn eine Kamera-Attrappe sei keine anonymse technische Überwachungseinrichtung. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei nicht einschlägig, da durch Kamera-Attrappen im Außenbereich nicht das innerbetriebliche Zusammenleben beeeinträchtigt werde, da dadurch keine Zugangskontrolle erfolge. Auch § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sei nicht einschlägig, da eindeutig keine Kontrolle der Beschäftigten stattfinden könne. Auch laut Literaturansichten seien objektiv tatsächlich vorgenommene Kontrollen, z.B. durch Videokameras, erforderlich.
Bewertung des Beschluss LAG Mecklenburg-Vorpommern: Richtigerweise kein Mitbestimmungsrecht bei Kamera-Attrappen
Dem Urteil ist zuzustimmen, da eine Kamera-Attrappe zwar die Persönlichkeitsrechte eines einzelnen Beschäftigten beeinträchtigen kann aber das Betriebsverfassungsgesetz dies nicht regelt. Selbst wenn Beschäftigte von einer Attrappe gestört und in ihrem Verhalten beeinflusst werden, kann ein Betriebsrat dies nicht ändern. Dieser sollte die Aufgaben wahrnehmen, mit denen Arbeitgeber Beschäftigte tatsächlich überwachen. Einzelne Beschäftigte können davon unabhängig einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitnehmer geltend machen, da auch Kamera-Attrappen unzulässig sein können. Der Schutz von Beschäftigten mag das gebieten, insbesondere wenn diese nicht wissen, dass es sich um eine Kamera-Attrappe handelt – der Betriebsrat kann hier jedoch nicht helfen, da er damit seine Rechte zu weit ausdehnen würde.
- In meinem Blog finden Sie weitere Informationen zur Videoüberwachung.
- Ein Fachbeitrag von RA Lachenmann zu diesem Urteil ist in der neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) erschienen, (gemeinsam mit RA Markus Lang). Fundstelle: NZA 2015, S. 591-595 (abrufbar kostenpflichtig bei Beck Online).
- Eine Zusammenfassung des Kurzbeitrages in der NZA findet sich online als Kurznachricht vom 23.5.2015 bei Jurion, von RA Dr. Henning Seel.