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Kein Urheberrechtsschutz der Funktionalität eines Computerprogramms („SAS Institute“; EuGH)

 Der EuGH entscheidet deutlich zum Urheberrechtsschutz der Funktionalität eines Computerprogramms:

Der EuGH entschied am 2. Mai 2012 in dem Rechtsstreit zwischen SAS Institute Inc. und der World Programming Ltd vor allem, dass die Funktionalität eines Programms und einer Programmiersprache nicht auf der Grundlage der EG-Computerrichtlinie urheberrechtlich geschützt ist. Funktionalität, Programmiersprache und Datenformat sind laut der Entscheidung des EuGH keine Ausdrucksform eines Programms und somit nicht durch das Urheberrecht für Computerprogramme geschützt (Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/250/EWG). Ob eine Anleitung, welche in verschiedenen Programmen gleiche Funktionen beschreibt, das Urheberrecht verletzt ist im Einzelfall danach zu beurteilen, ob das Urteil „die eigenen geistige Schöpfung“ des anderen wiederspiegelt (logisch).

Bei der Auseinandersetzung ging es um zwei Programme der Beteiligten, welche identische Funktionalitäten aufwiesen, wobei das nachahmende Programm der World Programming Ltd. sogar Scripts der SAS ausführen konnte. Daher klagte die SAS auf Unterlassung.

Die Beklagte ging dabei recht offensichtlich vor; der EuGH führt aus: „Für die Erstellung des WPS erwarb WPL rechtmäßig Kopien der Lernausgabe des SAS-Systems, die mit einer Lizenz geliefert wurden, nach der die Rechte des Lizenznehmers auf nicht produktive Zwecke beschränkt waren“.  Jedoch war wichtig für die Entscheidung, dass nicht dafür sprach, dass die Beklagte Zugang zum Quellcode gehabt und ihn dekompiliert hätte:  „WPL benutzte und untersuchte diese Programme, um ihr Funktionieren zu verstehen, doch weist nichts darauf hin, dass sie Zugang zum Quellcode der SAS-Komponenten hatte oder diesen vervielfältigt hätte.“

Der EuGH hat nun eine Urheberrechtsverletzung verneint. Die Ideen und Konzepte hinter einem Programm sind nicht geschützt, nur die konkrete Ausformung/Ausdrucksform des Programms (insbes. Quellcode und Objektcode). Funktionalitäten einer Software können also grundsätzlich problemlos nachgebaut werden, man darf jedoch den Sourcecode nicht abschreiben.

Bewertung: Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen. Allerdings ist sie keine Überraschung, sondern erscheint eher banal. Dass Ideen nicht geschützt sind, ist eine Grundlage des Urheberrechts seit dessen Einführung. Die Entscheidung ist insbesondere positiv für Open Source Software (OSS) und andere Programme, die sich von Funktionalitäten anderer Programme „inspirieren“ lassen. Durch die Entscheidung ist ein starker Wettbewerb unter Software gesichert, da so verschiedene Programme mit identischer Funktionalität konkurrieren können.

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