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Das sog. Anti-Abzock-Gesetz ist in Kraft und soll vor allem Filesharing-Abmahnungen eindämmen! Erfolg zweifelhaft

Heute ist das seit langem angekündigte sog. Anti-Abzock-Gesetz, offizieller Titel „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“, in Kraft getreten. Damit sollen Verbraucher besser vor Abmahnungen und hohen Kosten geschützt werden. Vor allem soll das grassierende Unwesen mit Filesharing-Abmahnungen eingedämmt werden. Ob das gelingt, ist jedoch zweifelhaft.

Die Änderungen im Urheberrechtsgesetz durch das sog. Anti-Abzock-Gesetz:

Von den ursprünglichen Plänen sind eigentlich nur höhere Anforderungen an die Abmahnungen, eine Kostengrenze und die neue Gerichtsstands-Regelung übrig geblieben. Deutlich geändert wurde der § 97a UrhG, der die rechtlichen Anforderungen an eine Abmahnung regelt.

  • Der § 97a Abs. 2 regelt nun konkrete formelle Anforderungen an eine Abmahnung. Wenn diese nicht erfüllt werden, ist die Abmahnung komplett unwirksam. Eine urheberrechtliche Abmahnung muss nun enthalten:
  1. Name und Firma des Urhebers, der eine Rechtsverletzung geltend macht, wenn ein Anwalt abmahnt;
  2. eine genaue Bezeichnung der Rechtsverletzung;
  3. eine Aufschlüsselung der geltend gemachten Zahlungsansprüche als Schadenersatz- und Aufwendungsersatzansprüche;
  4. die Angabe, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht, wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist.

Die Nrn. 1 und 2 wurden auch bislang von seriösen Abmahnern erfüllt. Nr. 3 ist offensichtlich auf Filesharing zugeschnitten, bei denen bislang irgendwelche „Mondzahlen“ behauptet wurden, ohne dass der Abgemahnte diese nachprüfen konnte. Hier sind nun vergünstigte Preise zu erwarten. Die Nr. 4 ist hingegen eine nicht durchdachte Regelung, die in der Praxis noch für viel Ärger führen wird – wahrscheinlich insbesondere für die Abgemahnten. Sinn der Regelung ist, dass beim Filesharing nicht wegen einem Lied abgemahnt wird, die vorgefertigte Unterlassungserklärung aber z.B. auf ein ganzes Album ausgelegt war.

Stattdessen soll nun bei einer vorgefertigten Unterlassungserklärung deutlich werden, wenn diese sich nicht nur auf den Rechtsverstoß selbst bezieht. Dies stellt alle seriösen Abmahner vor Probleme. Denn im Endeffekt entscheidet das Gericht, ob die Unterlassungserklärung angemessen war oder nicht, ggf. erst in einer oberen Instanz. Wenn das Gericht dann plötzlich der Ansicht ist, dass die Unterlassungsverpflichtung zu weit gefasst sei, ist plötzlich rückwirkend die komplette Abmahnung unwirksam!

Dies dürfte regelmäßig zu Nachteilen des Abgemahnten führen. Denn Folge wird vermutlich sein, dass ein Abmahnender künftig keine vorgefertigte Unterlassungserklärung mehr beilegt. Der Abgemahnte muss stattdessen eine solche selbst entwerfen. Wenn er das selbst versucht und dabei Fehler in der Formulierung macht, ist diese nicht ausreichend. In der Folge kann ein Abgemahnter also schnell eine einstweilige Verfügung kassieren. Es wird nunmehr umso wichtiger für den Abgemahnten, einen Anwalt aufzusuchen und diesen die Unterlassungserklärung formulieren zu lassen.

  • In Absatz 3 wird nun eine Kostenbremse eingeführt, nach der in allen urheberrechtlichen Abmahnungen gegen Verbraucher nur ein Streitwert von 1000,- € angenommen werden darf, wenn es sich um eine erste Abmahnung handelt. Dies ist für Filesharing sicherlich zu begrüßen, auch wenn weiterhin Schadensersatz usw. geltend gemacht werden kann, so dass auch weiter ein höherer Betrag zu Stande kommt. Wenn auch vielleicht nicht so überhöht wie bisher oft. Ärgerlich ist dies für alle anderen verletzten Urheber.
  • Absatz 2 Satz 4 sieht eine Öffnungsklausel vor: Bei Unbilligkeit im Einzelfall soll ein höherer Betrag möglich sein. Was das sein soll, weiß niemand. Professionelle Abmahner werden dies sicherlich ersteinmal regelmäßig geltend machen. Der Gesetzgeber hat nix gelernt aus dem Versuch, Abmahnkosten auf 100,-€ zu beschränken, den er bereits so unklar formulierte, dass alle Gerichte dies ignorieren konnten. Die jetzige Formulierung ist auch nicht viel besser.
  • Nach Absatz 3 kann ein Abgemahnter nun seine Anwaltskosten zurückfordern, wenn die Abmahnung unberechtigt war. Problem: Das ist sie vor allem dann, wenn der Anschlussinhaber abgemahnt wird, obwohl ein Dritter die Verletzung begangen hat. Laut der Gestezesbegründung ist das ein Fall dafür, dass die Erstattung durch den Abgemahnten nicht verlangt werden kann, da es (Satz 2) für den Abmahnenden nicht zu erkennen war.
  • Ein „Hammer“ für abmahnende Urheber ist nunmehr der neue § 104a UrhG, der den Gerichtsstand regelt. Das „Anti-Abzock-Gesetz“ zwingt nunmehr den Verletzten, an dem Gericht zu klagen, an dem der Abgemahnte seinen Wohnsitz hat. Diese Regelung trägt unter Anwälten den Namen „Lex Waldorf“, weil diese offensichtlich vor allem wegen Waldorf Frommer eingeführt wurde, die fast ausschließlich in München klagen, weil sie dort eigentlich immer Recht bekommen. Dies wird für Filesharing-Abmahner nun sicherlich spaßig, in ganz Deutschland Richtern ohne Ahnung von Internet Ihre Sache erklären zu müssen. Nicht spaßig wird das für alle anderen Urheber, die nicht mehr Gerichte aussuchen können, die kompetente und im Urheberrecht gebildete Richter haben, sondern sich nun noch mehr in „Gottes Hand“ begeben müssen.

Fazit: Das „Anti Abzock Gesetz“ hält sicherlich ein paar Gemeinheiten für Urheber bereit, insbesondere die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes. Da die Klauseln teils schwammig formuliert sind und die Kostenbeschränkung nur die Anwaltskosten selbst betrifft, wird das Abmahnunwesen vermutlich ähnlich wie bislang weitergehen, nur nicht mehr ganz so viel Geld in die Kassen spülen. Die Dummen durch das Anti Abzock Gesetz sind alle Urheber, die nicht mit Massenabmahnungen Geld verdienen, sondern vor allem Ihre Rechte durchgesetzt haben möchten.

Hinweis: Die Änderungen im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, insbesondere zur Werbung, werden morgen hier besprochen.

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