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KFZ-Kennzeichen-Scanning durch Polizei kann zulässig sein, so Urteil des BVerwG

Kanzlei Lachenmann zu Datenschutz im WEG - VideoüberwachungDas von der bayerischen Polizei durchgeführte KFZ-Kennzeichen-Scanning ist zulässig, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 22.10.2014 (Az. 6 C 7.13) entschieden hat. Das Gericht lehnte es bereits ab, einen Eingriff in die Grundrechte der Bürger zu sehen, wenn das KFZ-Kennzeichen gescannt und nach einem Abgleich mit Fahndungstatbeständen ohne Treffer bleibt und dann sofort gelöscht wird. Das Urteil überzeugt mich nicht, es lässt Sicherheitsbehörden den Straßenverkehr weitgehend überwachen.

Sachverhalt: Das KFZ-Kennzeichen-Scanning durch die bayerische Polizei wird sowohl mit stationären als auch mobilen Systemen durchgeführt, die jedes durchfahrende Fahrzeug erfassen und deren Kennzeichen speichern. Die Kfz-Kennzeichen werden nach dem Scanning an einen Rechner weitergeleitet oder durch einen Polizisten manuell angesehen und mit verschiedenen Datenbanken abgeglichen. Im Fall eines Treffers erfolgt eine weitere Kontrolle durch die Polizei. Bei einem Fehlalarm wird die Treffermeldung als MD5-Quersumme weiterhin gespeichert.

Das BVerwG hat zwar bestätigt, dass jeder Autofahrer, der auf bayerischen Straßen unterwegs ist, ein Klagerecht gegen das Kfz-Kennzeichen-Scanning hat. Da der Abgleich in der Regel heimlich erfolgt, kann ein Fahrer nicht feststellen, ob er betroffen ist – daher besteht jedenfalls die Gefahr, dass die Rechte eines Kfz-Fahrers durch das Kfz-Kennzeichen-Scanning verletzt werden.

Jedoch lehnte das BVerwG eine Verletzung der Rechte der Bürger durch das KFZ-Kennzeichen-Scanning ab. Dieses sei gem. Art. 33 Abs. 2 S. 2 i.V.m. 13 Abs. 1 Nr. 1-5 und 38 Abs. 3 PAG (Polizeiaufgabengesetz) zulässig. Dies verletze nicht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. In allen Fällen, in denen nach Erfassung und Abgleich des Kfz-Kennzeichens kein Treffer vorliegt und die Daten gelöscht werden, liege bereits kein Eingriff in Grundrechte vor. Denn dann würden die Daten anonym bleiben und ein Personenbezug sei nicht mehr herstellbar. Erst bei einem tatsächlichen Treffer seien die Rechte der Betroffenen berührt.

KFZ-Kennzeichen-Scanning durch Polizei kann zulässig sein, so Urteil des BVerwG – Bewertung:

Diese Begründung überzeugt mich nicht. Denn die Polizei liest die Kennzeichen und prüft, ob ein Treffer in einer Datenbank vorliegt – was im Falle eines Treffers mit den Daten geschieht, bleibt unklar. Ein Fahrer sollte sich auf der Straße bewegen dürfen, ohne ständig einer Erfassung seiner Bewegungen ausgesetzt zu sehen. Immerhin greift das nicht so weit in die Rechte ein, wie es die Pläne zur PKW-Maut taten.

Dem BVerwG ist jedoch zuzugestehen, dass es das Bundesverfassungsgericht auf seiner Seite hat. Dieses hatte mit Urteil vom 11.3.2008 – Az. 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 das KFZ-Kennzeichen-Scanning in Schleswig-Holstein und Hessen zwar für nichtig erklärt, jedoch wie nun das BVerwG entschieden, dass der Abgleich ohne Treffer keinen Grundrechtseingriff darstelle. Das BVerfG setzt hier ohne Not die Schwelle für einen Eingriff in Rechte der Bürger zu hoch an. Sinnvoller wäre es gewesen, im Falle einer Interessenabwägung im Einzelfall zu einem Ergebnis zu kommen.

Gegen das vorliegende Urteil zum KFZ-Kennzeichen-Scanning wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt – vorerst werden in Bayern weiter willkürlich Autofahrer von der Polizei gescannt werden.

Autor: RA M. Lachenmann.

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