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BGH: Autocomplete bei Suchmaschinen kann Rechte verletzen – Anspruch auf Unterlassung besteht

Überraschung: Der BGH sieht die Autocomplete-Funktion von Suchmaschinen wie Google als rechteverletzend, wenn unwahre Tatsachen verbreitet werden. Die Suchmaschine muss auf einen Hinweis des Betroffenen die automatischen Ergänzungen mit nicht zutreffenden Angaben löschen („notice and take down“), erst dann haftet sie auf Unterlassung und ggf. Schadensersatz.

Der Sachverhalt des Autocomplete-Urteils des BGH

Geklagt hatten eine Aktiengesellschaft und deren Geschäftsführer, bei denen bei Eingabe des vollen Namens Google automatisch die Vorschläge „(Name) Scientology“ und „(Name) Betrug“ erschienen. Der Kläger machte geltend, dass in keinem Suchergebnis diese Verbindung sich widerspiegele, er in keinem Verhältnis zu Scientology stehe und kein Ermittlungsverfahren wegen Betruges anhängig sei.

Die Autocomplete-Funktion erfolgt rein automatisch auf Basis der Suchanfragen, Google greift darin nicht tatsächlich ein. Das vorherige Gericht hatte die Klage abgewiesen. Der BGH hat nun jedoch einen Unterlassungsanspruch bejaht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG (Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts).

Die Begründung des BGH im Auto-complete-Urteil

Laut der Pressemitteilung des BGH beeinträchtigt die Verbindung des eigenen Namens mit Begtriffen wie „Scientology“ und „Betrug“ das Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohne, dass ein sachlicher Zusammenhang bestehe. Dieser Zusammenhang verletze das Persönlichkeitsrecht der Kläger, wenn die Verknüpfungen falsch seien. Dies sei Google zuzurechnen, da sie das Nutzerverhalten auswerte und absichtlich solche Verknüpfungen vornehme.

Der BGH nahm dabei – zu Recht – die Grundsätze der Störerhaftung an: Eine Haftung auf Unterlassung, Schadensersatz und Zahlung der Anwaltskosten bestehe erst ab Kenntnis. Denn die Verknüpfung des Autocomplete werde automatisch generiert, ohne direktes zutun von Google. Google wird also ein Mitteilungssystem vorsehen müssen, in dem jeder vermeintliche Rechtsverletzungen melden kann. Wenn die Verknüpfung dann bleibt, haftet Google.

Bewertung des Auto-Complete Urteils

Die Entscheidung zum Autocomplete durch den BGH ist nachvollziehbar, dennoch halte ich sie nicht für richtig. Dass niemand sich mit falschen Tatsachen in Verbindung gebracht haben möchte, wie „Betrug“, „Scientology“ oder auch „Escort“, „Prostituierte“, wie im Fall Bettina Wulff, ist nur zu nachvollziehbar. Hier eine Verletzungs der Persönlichkeitsrechte zu bejahen, ist verständlich, das die Google-Suche bedeutendes Gewicht hat und die Verknüpfung um so mehr solcher Suchanfragen zur Folge hat. Allerdings ist Google in dieser Hinsicht neutral. Durch die Autocomplete-Funktion wird nur die (wahre) Aussage getroffen, dass viele Personen nach dieser Verknüpfung suchen. Über den Wahrheitsgehalt trifft Google keine Aussage.

Das Urteil wird u.U. größere Auswirkungen für Google und die Nutzer haben, auch wenn die Anzeige der Suchergebnisse unverändert bleibt. Dem Einzelnen wird ermöglicht, sein Bild nach außen näher zu bestimmen und u.U. auch die Verbreitung von Tatsachen zu verhindern, die wahr sind. Auch werden sicherlich nun auch Inhaber von Urheberrechten gegen das Autocomplete von Begriffen wie „illegale Downloads“, „Warzes“, „Hacks“ usw. vorgehen.

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