Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 13.7.2013 (XII ZB 220/12) entschieden, dass Eltern nach einer Ausbildungsaufnahme erst 3 Jahre nach Schulabschluss Ausbildungsunterhalt bezahlen müssen, wenn Kinder mit einem schwachen Schulabschluss erst einmal Praktika besuchen, um das Interesse der Kinder an einem Berufsbild zu wecken.
Im entschiedenen Fall hatte das volljährige Kind die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6 geschafft und sich – ohne eine Berufsausbildung aufzunehmen – erst einmal als ungelernte Kraft in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen betätigt und Praktika geleistet in der Hoffnung, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das Kind hatte nach 3 Jahren eine Ausbildung zur Fleischfachverkäuferin begonnen und verlangte vom Vater Ausbildungsunterhalt.
Sowohl das Familiengericht Mayen als auch das OLG Koblenz hatten dem Kind einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt zugestanden, die Rechtsbeschwerde des Vaters zum BGH blieb ohne Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hat das volljährige Kind die Obliegenheit, eine Ausbildung zielstrebig aufzunehmen und in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Die Eltern müssen Ausbildungsunterhalt nur für eine Ausbildung bezahlen, die dem Kind nach seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entspricht. Dem Kind steht dann kein Unterhalt zu, wenn es seine Pflicht verletzt, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit zu beenden (§§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB).
Der BGH hat jetzt entschieden, dass auch eine dreijährige Verzögerung der Aufnahme der Erstausbildung infolge geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten noch der Obliegenheit entsprechen kann. Im entschiedenen Fall sah der BGH dies als gegeben an mit der Begründung, dass gerade schwache Schüler in vorgeschalteten Beschäftigungsverhältnissen den Betrieben erst zeigen müssten, dass sie Interesse an dem Beruf haben. Daher musste der Vater für die Erstausbildung auch nach dreijähriger Verzögerung noch Ausbildungsunterhalt bezahlen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass dies nun in jedem Falle gezahlt werden muss. Es kommt darauf an, ob die vorherige Zeit dem Kind für die Ausbildung oder Lebensentwicklung von Nutzen war. Eine Einzelfallprüfung, ob Ausbildungsunterhalt zu zahlen ist, ist zu empfehlen.