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BGH zu Filesharing-Altfällen: Nur Abmahnkosten

Die Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing war lange Jahre ein viel diskutiertes Thema unter Juristen. Wenn der Inhaber des Urheberrechts den Verletzer nicht in Anspruch nehmen konnte, da dieser nicht ermittelbar war, wurde stattdessen auf den Anschlussinhaber als sog. Störer zurückgegriffen. Dieser hatte die Urheberrechtsverletzung zwar nicht immer selbst begangen, aber die Möglichkeiten hierzu geschaffen, indem er dem Verletzer den Internetanschluss bereitgestellt hatte.

Die Störerhaftung war v.a. schwierig für Betreiber von ungesichertem WLan, da diese für die Taten Unbekannter einstehen mussten. Seit Oktober 2017 gilt nun eine andere Fassung des Telemediengesetzes (TMG) mit dem Ziel, durch die Abschaffung der Störerhaftung den Betrieb offener Wlan-Hotspots attraktiv zu machen. Hierüber hatte ich bereits in meinem Blog geschrieben. Unklar war seinerzeit geblieben, wie das neue Recht auf Filesharing-Altfälle anzuwenden sei, da keine explizite Übergangsregelung ins TMG aufgenommen worden war.

Der BGH hat die von mir und anderen aufgestellte Vermutung nun in einem Urteil (Aktenzeichen: BGH I ZR 64/17 – Dead Island) bestätigt: für den auf die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch ist das neue Gesetz anzuwenden. Bezüglich der Abmahngebühren gilt bei Altfällen aber noch die frühere Rechtslage, zu der die Abmahnung ausgesprochen wurde. Abmahnkosten im Rahmen der Störerhaftung sind zu ersetzen.

Zum Sachverhalt des BGH-Urteils zu Filesharing-Altfällen:

Die Klägerin im BGH-Fall ist die Inhaberin der Nutzungsrechte für das Computerspiel „Dead Island“. Wie in solchen Fällen üblich, mahnte die Klägerin den Beklagten wegen unberechtigtem Down- und Upload ab, forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf und verlangte die Erstattung der Abmahnkosten, die ihr durch die Beauftragung des Rechtsanwalts entstanden waren.

Bei dem Beklagten handelt es sich um den Inhaber eines Internetanschlusses. Er betrieb zum Tatzeitpunkt offene WLan-Spots sowie zwei eingehende Kanäle aus einem Tor-Netzwerk (sog. „Tor-Exit-Nodes“). Er berief sich darauf, die Urheberrechtsverletzungen nicht selbst begangen zu haben.

Der BGH meint zu solchen Filesharing-Altfällen:

Nach der neuen Rechtslage müsste der Störer die Abmahnkosten nicht mehr ersetzen (§ 7 Abs. 4 S. 3 TMG). Problematisch für den Beklagten: hier ist der Fall nach Ansicht des BGH noch nach alter Rechtslage zu entscheiden, da die Abmahnung noch zu einem Zeitpunkt ausgesprochen worden war, als dem Rechteinhaber der Ersatz gegen den Störer zustand. Die Einforderung war damals also berechtigt. Der Beklagte ist daher im vorliegenden Fall zum Ersatz der Abmahnkosten verpflichtet.

Die gute Nachricht für den Beklagten: die Klägerin hat wegen der Gesetzesänderung keinen Unterlassungsanspruch mehr gegen ihn. Ein Unterlassungsanspruch ist stets auf die Zukunft gerichtet. Daher ist es entscheidend, ob das beanstandete Verhalten zum Zeitpunkt des Urteils und in Zukunft rechtswidrig ist. Andernfalls müsste der Beklagte sonst künftig Handlungen unterlassen, die nach aktueller Gesetzeslage rechtmäßig sind.

Die Störerhaftung und der Unterlassungsanspruch wurden durch die Neufassung des TMG jedoch abgeschafft. Stattdessen besteht nach dem TMG nunmehr eine Pflicht des Anschlussinhabers zur Sperrung urheberrechtswidriger Inhalte. Hierzu kann ein Anschlussinhaber also nunmehr grundsätzlich verurteilt werden.

Fazit

Das Urteil des BGH war wichtig, um die Fragen, die das neue TMG aufgeworfen hat, zu beantworten. Außerdem bestanden Zweifel an der EU-Konformität der TMG-Neufassung, da die Sperrung statt des Unterlassungsanspruchs eine deutsche Abweichung darstellt. Nach BGH-Ansicht ist diese Regelung jedoch unionsrechtskonform.

Vorsicht Anschlussinhaber: wenn die Abmahnung noch unter der alten Rechtslage ausgesprochen wurde, besteht die Störerhaftung noch!

 

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