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Trennungsunterhalt auch ohne Zusammenleben

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 19.2.2020 (AZ: XII ZB 258/19) entschieden, dass Trennungsunterhalt selbst bezahlt werden muss, wenn die Beteiligten zu keinem Zeitpunkt ihrer Ehe zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet haben.

In dem entschiedenen Fall stritten die Beteiligten um die Bezahlung von Trennungsunterhalt. Die Beteiligten hatten die deutsche bzw. britische Staatsbürgerschaft, beide mit indischem kulturellen Hintergrund. Ihre Ehe war von den jeweiligen Familien arrangiert worden, die Beteiligten hatten zu keinem Zeitpunkt zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet, ja die Ehe war nicht einmal vollzogen worden. Die Beteiligten hatten getrennte Konten, jeder verdiente sein eigenes Geld. Dennoch hat der BGH entschieden, dass der Ehemann Trennungsunterhalt an seine getrenntlebende Frau bezahlen muss.

Klare Entscheidung des BGH: Trennungsunterhalt auch ohne Zusammenleben

Zur Begründung hat der BGH angegeben, dass es eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten oder verminderten Pflichten nicht gebe. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehe ab dem Zeitpunkt der Trennung nach den ehelichen Lebensverhältnissen, die nach objektiven Maßstäben zu bestimmen seien. Entscheidend sei derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheine.

Die von Anfang an bestehende Trennung der Ehegatten rechtfertige auch keine Verwirkung, zumal vorliegend schon begrifflich nicht von einer kurzen Ehedauer die Rede sein könne. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen. Denn nach den Feststellungen des Gerichts war geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt und die Ehegatten dort gemeinsam leben. Die Höhe des Anspruchs auf Trennungsunterhalt errechne sich nach den Einkommen der Beteiligten.

Es komme weder darauf an, ob eine häusliche Gemeinschaft bestanden habe noch darauf, inwieweit es zur Verwirklichung der Lebensgemeinschaft und zur Verflechtung und Abhängigkeit der Lebensdispositionen beider Ehegatten gekommen sei oder ob die Unterhaltsbedürftigkeit ihre Ursache in dem vorherigen Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft habe.

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB sei grundsätzlich auch nicht davon abhängig, in welchem Maß die Ehegatten im Einzelfall ihre beiderseitigen Einkünfte für den Unterhalt des anderen und für eine gemeinsame Lebensführung verwendet haben noch die Tatsache, dass die Ehegatten zu keinem Zeitpunkt ihres Zusammenlebens eine wirtschaftliche Einheit gebildet, sondern mit getrennten Kassen gewirtschaftet haben. Der BGH verwies auf seine zahlreichen bereits früher bestehenden Entscheidungen.

Internationale Zuständigkeit in Deutschland

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei gegeben, maßgebend sei deutsches Recht gemäß Art. 15 EuUnthVO iVm Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007. Trennungsunterhalt wird gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB geschuldet, danach kann ein Ehegatte von dem anderen nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Fazit

Selbst wenn Eheleute zu keinem Zeitpunkt zusammengelebt haben, ist Trennungsunterhalt zu bezahlen. Eine (seltene) Ausnahme besteht nur dann, wenn sich die Eheleute von Anfang an einig waren, eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht zu begründen.

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