Vermieter, die ein Haus oder eine Wohnung erwerben und Gesellschafter sind oder derselben Familie angehören, müssen die 3jährige Sperre des § 577 a Abs. 1 BGB nicht einhalten. Als eine „Familie“ gilt ein Vermieter-Ehepaar selbst dann, wenn das Ehepaar geschieden ist und getrennt lebt, wie der BGH recht weitreichend entschied. Die neuen Vermieter können sofort wegen Eigenbedarf kündigen.
Zum Sachverhalt des BGH-Urteils zur Eigenbedarfkündigung
Einem Ehepaar wurde das Einfamilienhaus wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der ursprüngliche Vermieter hatte das Haus im September 2015 an seinen Sohn und seine Schwiegertochter veräußert, beide waren im Grundbuch als neue Eigentümer eingetragen. Die Ehefrau lebte allerdings seit 2013 bereits von ihrem Ehemann getrennt, 2015 war die Scheidung. Im Jahr 2016 kündigten sie das Haus wegen Eigenbedarfs mit der Begründung, die geschiedene Ehefrau benötige das Haus für sich und ihre Kinder selbst. Das Amtsgericht Soest und das Landgericht Arnsberg hielten diese Eigenbedarfskündigung für gerechtfertigt. Dagegen wehrten sich die Mieter und legten Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ein. Dieser wies die Revision jedoch mit Urteil vom 2.9.2020 (AZ: VII ZR 35/19) zurück.
Die rechtliche Bewertung
Grundsätzlich kann ein Haus gemäß § 577 a Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 BGB nicht wegen Eigenbedarfs vor Ablauf von drei Jahren nach Veräußerung des Eigentums gekündigt werden. Darauf hatten sich die Mieter berufen. Allerdings gilt dies nach § 577 a Abs. 1 a Satz 2 BGB nicht, wenn die neuen Eigentümer derselben Familie oder demselben Haushalt angehören.
Nach Auffassung der Mieter handelte es sich bei dem Ehepaar nicht mehr um „dieselbe Familie“, da das Ehepaar ja getrennt und geschieden sei. Das sah jedoch der BGH anders. Er vertrat die Auffassung, dass eine Familie nicht durch Trennung oder Scheidung aufgelöst sei. Er zog die Regelungen über ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen heran. Diese konkretisierten mit Rücksicht auf eine typisierte persönliche Nähe den Kreis privilegierter Familienangehöriger, unabhängig davon, ob die persönliche Beziehung noch bestehe. Die Richter des BGH sind der Auffassung, dass Personen, denen in einem Zivilprozess ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe, auch ein Recht zur Eigenbedarfskündigung zugesprochen werden müsse. Auch ein Ehegatte, der bereits geschieden sei oder getrennt lebe, habe gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht. Der BGH gestand den Mietern allerdings noch bis 31. Januar 2021 eine Räumungsfrist zu.
Der Sachverhalt dürfte in der Praxis eher selten vorkommen, aber bildet eine ggf. wichtige Einschränkung für Mieter, die sich einer Eigenbedarfskündigung ausgesetzt sehen.
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