Ein Kunde hatte auf einer Messe eine Einbauküche bestellt, also eine Küche genau nach den Maßen der Küche des Kunden. Die Möbelfirma, bei der die Küche bestellt wurde, plante, ein anderes Unternehmen mit der Herstellung der auf den Kunden zugeschnittenen Teile der Küche zu beauftragen. Die Möbelfirma plante, die Küche nach Fertigung der Teile beim Kunden einzubauen. Der Kunde widerrief den Vertrag zu einem Zeitpunkt als die Fertigung der Küchenteile noch nicht begonnen hatte und weigerte sich, die Küche abzunehmen, weshalb der Unternehmer das Gericht in Anspruch nahm. Der EuGH hatte nach Anfrage des Amtsgerichts Potsdam zu entscheiden, ob das Widerrufsrecht auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Fertigung der Einbauküche noch nicht begonnen hat.
Grundsatz im Verbraucher-Widerrufsrecht:
Wer im Fernabsatz (Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen, also z. B. im Internet) eine Bestellung aufgibt, hat grundsätzlich gemäß §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 312 g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen. Es gibt allerdings Ausnahmen vom Widerrufsrecht, z. B. gemäß § 312 g Abs. 2 Satz 1 BGB die Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist, also z. B. bei der Bestellung einer Einbauküche, die genau nach den Maßen des Kunden hergestellt wird. Weitere Ausnahmen des Widerrufsrechts sind Gesundheitsschutz oder Hygiene, Verderblichkeit u. a.
In der jetzigen Entscheidung bestand die berechtigte Frage, ob das Widerrufsrecht denn auch ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer mit der Fertigung der Einbauküche noch gar nicht begonnen hat.
Die Entscheidung des EuGH zur Einbauküche:
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 21.10.2020, AZ: C-529/19 gegen den Verbraucher. Nach Ansicht des EuGH kommt es nicht darauf an, wann ein Unternehmer mit der Fertigung beginnt, sondern es kommt lediglich auf den Zeitpunkt der Bestellung an.
Fazit? Pech für den Verbraucher, der die Einbauküche bestellt hatte! Die Entscheidung ist nachvollziehbar, da der Gesetzgeber im Falle von Einzelanfertigungen nach Maß Ausnahmen vom Widerrufsrecht vorsah. Wer eine Bestellung nach Maß aufgibt, hat kein Widerrufsrecht, da die Ausnahme des $ 312 g Abs. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt.