Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht Verletzung der deutschen Gerichte, wenn einem Mann der Umgang mit seinem mutmaßlich leiblichen Sohn verweigert wird. In dem aktuellen Fall hatte sich die Mutter, die 1 1/4 Jahre mit dem mutmaßlichen Sohn zusammengelebt hat, geweigert, das Umgangsrecht mit dem Sohn zu gewähren. Rehctlicher Vater ist der Ehemann der Kindsmutter. Laut Gerichtshof war die Beziehung zum Vater nicht nur rein zufällig gewesen. Der Vater habe immer Interesse an seinem Kind deutlich gemacht, er habe die Mutter zu ärztlichen Terminen gefahren und die Vaterschaft vor der Geburt bereits anerkannt. Der Gerichtshof macht deutlich, dass die deutschen Gerichte verpflichtet seien zu untersuchen, ob Kontakte zwischen dem biologischen Vater und seinem Kind in dessen Interesse liege. (Entscheidung vom 15. 09. 2011 – AZ: 17080/07)
EGMR: Kindeswohlinteresse und Umgangsrecht
Die deutschen Gerichte weigerten sich, einem Mann den Umgang mit seinem mutmaßlichen leiblichen Sohn zu gewähren. Der rechtliche Vater ist der Ehemann der Kindesmutter. In der Weigerung der Gerichte stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens)der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest.
Auch wenn der Mann und die Kindesmutter nicht zusammengelebt hatten, war unbestritten, dass ihre ein Jahr und vier Monate dauernde Beziehung nicht bloß zufällig gewesen war. Er hatte sein Interesse an dem werdenden Kind hinlänglich deutlich gemacht, indem er es gemeinsam mit der Mutter plante, sie zu ärztlichen Untersuchungen begleitete und die Vaterschaft noch vor der Geburt anerkannte. Der Gerichtshof schloss folglich nicht aus, dass die Absicht des Antragstellers, eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen, in den Geltungsbereich des „Familienlebens“ gemäß Artikel 8 fiel. Der Gerichtshof unterstrich, dass es Aufgabe der nationalen Gerichte ist, festzustellen, ob Kontakte zwischen einem biologischen Vater und seinem Kind in dessen Interesse liegen oder nicht.
Beschwerde-Nr. 17080/07, Urteil vom 15.9.2011, Pressemitteilung des Kanzlers