EuGH sorgt mit seinem Klarheit fordernden Urteil für Unklarheit (IP Translator).
Der EuGH schaffte mit seinem Urteil nicht wirklich Klarheit bei der Frage, ob ein Markenschutz für alle Begriffe einer Waren-/Dienstleistungsklasse besteht, wenn dieser für sämtliche Oberbegriffe einer Nizza-Klasse angemeldet wird (Rechtssache C-307/10). Hintergrund des Verfahrens war die uneinheitliche Amtspraxis der nationalen Markenämter zu dieser Frage: Zur Auswahl stehen: a) das Prinzip „class headings cover all“ (9 von 26 Ämtern, darunter das für die EU-Marken zuständige HABM), also dass bei Anmeldung sämtlicher Oberbegriff einer Klasse, diese Waren komplett erfasst sind und b) das Prinzip „means-what-it-says“, das also eine genaue Beschreibung der angemeldeten Waren/Dienstleistungen voraussetzt.
Im vorliegenden Fall lehnte das britische Markenamt die Anmeldung der Marke IP Translator ab, welche die britische Patentanwaltskammer für alle Oberbegriffe in der Nizza-Klasse 41 angemeldet hatte („Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“). Denn es wurde das Prinzip „class headings cover all“ angewendet, so dass davon auch „Übersetzungsdienstleistungen“ erfasst seien, für welche die Marke jedoch beschreibend und somit nicht eintragbar gewesen sei.
Der EuGH postulierte das Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit, womit er selbst sich eines klaren und eindeutigen Urteils enthielt, was nun weitere Verwirrung stiften wird. Unklar ist jetzt insbesondere, in welcher Form der Anmelder klar machen soll, dass er alle genannten Waren/Dienstleistungen beanspruchen will und wie mit bereits eingetragenen Marken umzugehen ist.
Denn der EuGH führte aus, es sei nötig, dass bei einer Anmeldung das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis so eindeutig und klar bestimmt werde, dass „zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den beantragten Schutzumfang bestimmen können“ (Rn. 49). Dies sei (Rn. 55) im Einzelfall durch die Markenämter zu beurteilen. Wenn der Anmelder alle Oberbegriffe der Nizzaer Klassifikation anmelde, müsse er angeben, auf welche sich seine Anmeldung beziehe, ob er also den Markenschutz auf alle oder nur manche Begriffe erstrecken möchte (Rn. 61).
Das HABM hat bereits auf das Urteil reagiert und verlangt nun von Anmeldern, die alle Produkte abdecken wollen, die Einreichung einer zusätzlichen Erklärung zur Klarstellung.
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, bei der Bestimmung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sauber vorzugehen und eine entsprechende Vorab-Prüfung von bestehenden Marken durchzuführen.
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