Im 4. Beitrag meiner Serie zur Verbraucherrechterichtlinieerfahren Sie, welche neuen Ausnahmen vom Widerrufsrecht bestehen. Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind nun in § 312 g Abs. 2 BGB n. F. geregelt. Die bisher in getrennten Normen enthaltenen Ausnahmen für den Direktvertrieb und für den Fernabsatz wurden in dieser Norm vereinigt. Während im Direktvertrieb mit Verbrauchern bisher nur bei Versicherungsverträgen, bestellten Vertreterbesuchen, Bagatellgeschäften und einer notariellen Beurkundung der Willenserklärung ein Widerrufsrecht ausgeschlossen war, wurde der Ausnahmekatalog erheblich erweitert. Das gilt ebenso für das Fernabsatzrecht.
Die wichtigsten neuen Ausnahmen vom Widerrufsrecht nach der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL)
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. BGB: Für Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher notwendig ist oder die Ware eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dies umfasst z.B. Kleidung, die nach Maß angefertigt wurde. Nicht hingegen umfasst diese Vorschrift z. B. einen PC, der auf Wunsch des Kunden aus verschiedenen Teilen zusammen gesetzt wurden, und die Teile vom Unternehmer nach Rückgabe wieder verwendet werden können.
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB: Bei Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde, z. B. Schnittblumen.
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB: Gesundheits- und Hygieneartikel. Es besteht nun eine ausdrückliche Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach Lieferung entfernt wurden (z. B. Kosmetika, Zahnbürsten, Earphones,…). Voraussetzung ist, dass der Unternehmer die Ware nicht weiterverkaufen kann, weil eine Verunreinigung nach Entfernen des Siegels vorliegt, z. B. auch bei Verkauf von losem Tee. Bei Aufbruch des Siegels bei Arzneimitteln ist der Widerruf ebenso ausgeschlossen. Keine Ausnahme vom Widerrufsrecht besteht hingegen bei Kleidung, Bettwäsche oder Matratzen!
- Wichtig: Die Ware muss „versiegelt“ sein, d. h. eindeutig als solche zu erkennen sein, entweder nach der Verkehrsauffassung oder durch einen eindeutigen Hinweis. Vorsicht: Eine übliche Verpackung, die auch anderen Zwecken dient wie z. B. Schutz vor Verschmutzung, genügt ohne entsprechenden Hinweis nicht!
- § 312 g Abs. 2 S 1 Nr. 6 BGB: Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware, die auf einem versiegelten körperlichen Datenträger, z. B einer versiegelten CD-ROM oder versiegelten DVD, geliefert wird, wenn der Verbraucher die Versiegelung nach der Lieferung entfernt hat.
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB: Für Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte. Dies gilt jetzt auch bei telefonischer Bestellung der Zeitungen. Aber: Abonnement-Verträge sind vom Widerrufsrecht generell nicht mehr ausgeschlossen.
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 BGB: Für Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung, Lieferung von Getränken, weitere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigung gibt es nur dann eine Ausnahme vom Widerrufsrecht, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht.
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 BGB: Echte Versteigerungen, also z.B. bei einem Auktionshaus wie Christies, besteht kein Widerrufsrecht. Bei Internetauktionen wie bei eBay besteht keine Ausnahme vom Widerrufsrecht, hier hat der Verbraucher weiterhin ein Widerrufsrecht!
- § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB: Wird ein Unternehmer von einem Verbraucher ausdrücklich aufgefordert, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, besteht kein Widerrufsrecht.
In meinem nächsten Beitrag zur VRRL schildere ich die Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten.
Dieser Blogbeitrag ist Teil meiner Serie zur VRRL, klicken Sie hier für mehr Infos.