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Abmahn-Forderungen über 90 Millionen Euro mit Triple-A-Rating!

Wenn die großen Rating-Agenturen die zu verkaufenden Forderungen der Abmahn-Kanzlei U+C bewerten würden, wäre diesen ein AAA-Rating sicher: Denn diese sind ähnlich sicher wie die nun allseits bekannten Subprime-Hypotheken.

Dies als kürzeste Zusammenfassung der für viel Aufregung sorgenden Ankündigung der bekannten Abmahn-Kanzlei U+C, bestehende Forderungen im Wert von 90 Millionen Euro zu versteigern. Angesprochen werden dabei natürlich vor allem Inkassobüros. Einen Gefallen hat die Kanzlei damit weder sich, noch der gesamten Abmahn-Branche getan. Denn zum einen wird damit einige Aufmerksamkeit auf die Branche gelenkt und man sieht, wie viel Geld mit diesen Abmahnungen zu verdienen ist. Versteigert werden nur Forderungen, die nach der zweiten Mahnung noch nicht bezahlt wurden. Nach Schätzungen zahlen aber bereits 25 % der Abgemahnten sofort, so dass sich die Gewinne leicht hochrechnen lassen – insbesondere, da die hier in Rede stehenden 90 Millionen nur auf Abmahnungen von Porno-Filmen beruhen sollen.

Zum anderen ist diese Auktion rechtlich in vielerlei Hinsicht problematisch:

1) Genau genommen ist es bereits unnötig, die Forderungen überhaupt an Inkassobüros abzutreten. Denn die Forderungen wurden durch Rechtsanwälte geltend gemacht. Inkassobüros können wohl kaum als eine höhere Instanz als Anwälte in der Rechtsdurchsetzung angeblicher Interessen bezeichnet werden. Wenn selbst auf die Mahnung eines Anwaltes nicht gezahlt wird – wieso weiter drohen? Inkassogebühren werden jedenfalls nicht fällig, auch wenn die Eintreiber dies behaupten werden. Wenn die Forderungen stattdessen verscherbelt werden, zeugt das nicht gerade von großer Sicherheit, dass die Forderungen vor Gericht erfolgreich eingetrieben werden könnten. Und das, wo laut den verschickten Mahnungen alles absolut gerichtsfest und beweissicher sei…

2) Bestehen die Forderungen überhaupt? Schon lange wird ja ausführlich darüber gestritten, ob die Anwälte die Forderungen überhaupt eintreiben können. Denn es können nur die Anwaltskosten geltend gemacht werden, die die Mandanten tatsächlich den Anwälten zahlen müssen. Dass die abmahnenden Kanzleien den Rechteinhabern bzw. Verwertungsgesellschaften tatsächlich alle Beträge in Rechnung stellen, auch jede nicht einzutreibende Forderung ist doch reichlich unwahrscheinlich. Die Kanzlei betont in ihrer Ausschreibung zwar, dass die Kanzlei “nur als Vermittler und nicht als Verkäufer der Forderungen” auftrete, aber das dürfte kaum ausreichen.

Man kann nur das versteigern, was einem auch wirklich zusteht. Und wenn diese Forderungen nicht tatsächlich bestehen (da die Anwaltskosten nicht bezahlt werden müssen) können sie nicht versteigert werden. Wenn doch, ist das für die Staatsanwaltschaft ein interessanter Sachverhalt – und für den Ersteigernden u.U. ein kein gutes Geschäft.

3) Rechteinräumung bei Porno-Filmen überhaupt möglich? Das deutsche Jugendschutzgesetz ist streng, Porno-Filme können nicht rechtswirksam in P2P-Netzwerken veröffentlich werden. Also wird auch die Rechteeinräumung ohne einen legalen Anwendungsbereich schwer. Die Forderungen sind wahrscheinlich nichtig.

4) Datenschutzrecht – der Verstoß wird in Kauf genommen! Bei einem solchen Forderungsverkauf müssen persönliche Daten i.S.d. § 3 I BDSG weitergegeben werden. Dies ist grundsätzlich verboten und nur durch einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand gestattet. Möglich wäre nur § 28 BDSG, wobei m.E. weder die Ausnahmetatbestände des Absatz I noch II anwendbar sind. Somit dürfen wohl die Namen und Anschriften der (angeblichen) Anspruchsgegner weitergegeben werden, mehr jedoch nicht. Also vor allem nicht solche Daten die zur gerichtlichen Geltendmachung nötig wären (IP-Adresse, Verbindungsnachweise usw.). Ein Betroffener kann eventuell Schadensersatzansprüche geltend machen und Anzeige beim zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten erstatten, unwirksam ist die Abtretung jedoch nicht.

5) Sehr hohes Prozesskostenrisiko: Wenn in sämtlichen Verfahren tatsächlich Klage eingereicht würde, hätte der Käufer ein Prozesskostenrisiko von ca. 60 Mio. € (ohne Sachverständigengutachten, Zeugen usw.), was im Vergleich zur Gesamtsumme durchaus relevant ist. Dazu verweise ich Sie auf den Blogeintrag der Kollegen aus Hamburg, die dies sehr anschaulich vorrechnen.

Und so geistert innerhalb der derzeitigen Debatte um das “warum” auch der Punkt der schlichtweg steuerlichen Gründen hat. Grundsätzlich gehen offene Forderungen in die Bilanz gewinn- und damit auch steuererhöhend ein. Und da wären 90 Millionen natürlich kein Pappenstil….

Was bleibt einem als Abgemahntem? Denken Sie daran, was mit den mit AAA-bewerteten verbrieften Bankpapieren passierte und bleiben Sie ruhig, selbst wenn nun Bettelschreiben von Inkassobüros ankommen sollten.

Für Fragen bezüglich Abmahnungen und Droh-/Bettelschreiben stehe ich Ihnen natürlich jederzeit zur Verfügung: Online-Beratungsformular / Daten.

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