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Betreiber von Exit Nodes genauso zur Netzsperre verpflichtet wie Betreiber von offenem Wlan

Vor einiger Zeit hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung zu einer möglichen Störerhaftung von Wlan-Betreibern nach der Änderung des Telemediengesetzes (TMG) gefällt. Parallel wurde eine mögliche Haftung des Betreibers eines sog. Exit-Nodes in dem Urteil entschieden.

„Exit Nodes“, zu Deutsch „Ausgangsknoten“, werden im Zusammenhang mit dem Tor-Browser verwendet. Sinn des Tor-Browsers ist es, seinen Nutzern weitgehend geheimes Surfen im Internet zu ermöglichen. Die Anfrage eines Nutzers, eine bestimmte Webseite aufzurufen, wird über verschiedene Server umgeleitet. Zurückverfolgt werden kann dabei letztlich nur die IP-Adresse des letzten Servers, des Ausgangsknotens „Exit Node“.

Was bedeutet das aber für den Betreiber eines Exit Nodes, wenn ein Nutzer den geschaffenen Schutz missbraucht, um etwa illegal urheberrechtlich geschütztes Material unerlaubt zum Filesharing anzubieten? Der Betreiber hat die Urheberrechtsverletzung dann nicht selbst begangen, sie aber durch die Bereitstellung des Exit Nodes zumindest mittelbar ermöglicht.

Er befindet sich damit in einer vergleichbaren Lage wie der Betreiber offener Wlan-Hotspots. Dessen Haftung als sog. „Störer“ für die Urheberrechtsverletzungen anderer war vor Änderung des Telemediengesetzes (TMG) Gegenstand zahlreicher Gerichtsurteile. Bei Verurteilung nach alter Rechtslage war ein Wlan-Betreiber zur Zahlung von Schadensersatz an den Rechteinhaber ebenso verpflichtet wie zur Unterlassung.

Die neue Rechtslage

Um den Betrieb offener Wlan-Hotspots attraktiv zu machen, hatte der Gesetzgeber das TMG geändert und dadurch versucht, die Störerhaftung abzuschaffen (vgl. Artikel „BGH zu Filesharing-Altfällen: Abmahnkosten ja, Unterlassungsanspruch gegen Störer nein“).

Wer einen Exit Node betreibt, ist ebenso ein Dienstanbieter i.S.d. § 2 Nr. 1 TMG wie der Betreiber eines offenen Hotspots. Dementsprechend hat der BGH im Juli 2018 (Az.: BGH I ZR 64/17 – Dead Island) entschieden: genau wie der Betreiber eines offenen Wlan besteht auch gegen den Betreiber eines Exit Nodes nach der neuen Gesetzeslage kein Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers gegen den „Störer“ mehr.

Doch kommen sie weiterhin nicht gänzlich ungeschoren davon und die Alternativen zum Unterlassungsanspruch stoßen ebenfalls auf Kritik: statt des Unterlassungsanspruchs können nun die Betreiber eines Exit Nodes wie ein Wlan-Betreiber zur Netzsperre verpflichtet werden. Verlangt dies der Inhaber von Urheberrechten vom Exit-Node-Betreiber, so müsste dieser gewährleisten, dass über seinen Netzwerkknoten der Zugriff auf die urheberrechtswidrigen Seiten nicht mehr möglich ist.

Die Maßnahmen, zu denen die Dienstanbieter wie die Betreiber eines Exit-Nodes durch den Rechteinhaber verpflichtet werden können, müssen zwar angemessen und verhältnismäßig sein, so § 7 Abs. 4 S. 1 TMG. Kritiker bemängeln aber, dass Betreiber sich dadurch zu sogenanntem „Overblocking“ genötigt fühlen: Sie würden im Zweifel lieber prophylaktisch eine Netzsperre einrichten, um später auf keinen Fall den Ansprüchen eines Rechteinhabers ausgesetzt zu sein. Dadurch werden jedoch potentiell auch völlig legale Inhalte ausgesperrt.

Fazit zum „Exit Node-Urteil“ des BGH

Wer Unbekannten das geheime Surfen ermöglichen will, hat auch durch das neuerliche BGH-Urteil leider nicht die gewünschte Rechtssicherheit gewonnen. Zu begrüßen ist zwar, dass der Unterlassungsanspruch gegen den Störer weggefallen ist. An deren Stelle sind jedoch – unter Umständen sehr aufwändige – Netzsperren getreten, zu denen der Betreiber theoretisch verpflichtet werden kann.

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