Der 12. Zivilsenat des BGH hat am 2.10.2013 (Az.: XII ZB 249/12) entschieden, dass es eine Verpflichtung des Kindvaters, rückwirkend Betreuungsunterhalt für eine nichtverheiratete Mutter zu zahlen, nur gibt, wenn die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB gegeben sind. Demnach muss die Mutter den Vater entweder
- zum Zwecke der Geltenmachung des Unterhaltsanspruchs zur Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen aufgefordert,
- ihn in Verzug gesetzt oder
- den Unterhaltsanspruch rechtshängig gemacht haben.
Eine Befristung des zukünftigen Unterhaltsanspruchs auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes sei aber nur angebracht, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits absehbar sei, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach der Vollendung des dritten Lebensjahrs entfallen werden.
Im konkreten Fall wurden die nicht verheirateten Verfahrensbeteiligten am 9.4.2010 Eltern eines Sohnes, der Vater erkannte seine Vaterschaft am 7.7.2010 an. Mit Schreiben vom 17.3.2011 forderte die Mutter den Vater auf, rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalt zu zahlen. Bezüglich des rückständigen Betreuungsunterhalt stellten die Richter fest, dass die Verweisung in § 1615l Abs. 2 S. 1 BGB auf die Vorschriften der Unterhaltsverpflichtungen zwischen Verwandten eine Rechtsgrundverweisung sei, demnach erfolgt eine Verweisung auch auf § 1613 Abs. 1 BGB. Daran ändere auch die Verweisung des § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB (nur) auf § 1613 Abs. 2 nichts. Diese gesonderte Verweisung sei schon von S. 1 umfasst. Offen ließ der BGH, ob diese Verweisung noch einen eigenständigen Anwendungsbereich habe, in dem Sinne einer einjährigen Ausschlussfrist in Bezug auf die Fälle des § 1613 Abs. 2 BGB, da dies im konkreten Fall nicht Teil des Verfahrens war.
Neben diesem systematischen Argument verweist der BGH auf den Willen des Gesetzgebers und Sinn und Zweck der Regelung. Nach dem Gesetzgeber solle es der Mutter generell ermöglicht werden, Unterhalt für die Vergangenheit auch zu erhalten, wenn sie nicht in der Lage war, den Unterhaltspflichtigen in Verzug zu setzen oder zu klagen. Sobald jedoch die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt worden ist, kann verlangt werden, eine der Maßnahmen des § 1613 Abs. 1 BGB zu ergreifen. Es läge dann kein Bedürfnis mehr vor, der Kindsmutter eine Sonderstellung einzuräumen.
Die Voraussetzung des § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a BGB (Hinderung der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aus rechtlichen Gründen) lag demnach nur bis zur Anerkennung der Vaterschaft im Juni 2010 vor, ab diesem Zeitpunkt hätte die Mutter eine Variante des § 1613 Abs. 1 BGB wählen müssen, also den Vater zum Zwecke der Geltenmachung des Unterhaltsanspruchs entweder zur Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen auffordern, in Verzug setzen oder den Unterhaltsanspruch rechtshängig machen, um lückenlosen Unterhalt gewährt zu bekommen. Bitte beachten Sie, dass allein die Auskunftsanforderung keinen Verzug auslöst, sondern nur in Verbindung mit dem Vortrag, dass die Auskunft verlangt wird, um einen Unterhaltsanspruch geltend zu machen. Ich empfehle dringend, in einem Anforderungsschreiben immer auch hinzuzufügen, dass eine Inverzugsetzung erfolgt.
Einen Teilsieg erlangte die Mutter jedoch. Dass der (zukünftige) Unterhaltsanspruch nicht befristet wurde, war nicht zu beanstanden.
§ 1615 l Abs. 2 BGB sehe, ebenso wie § 1570 Abs. 1 BGB für geschiedene Ehegatten, den Anspruch auf Betreuungsunterhalt für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes und die Verlängerung aus Billigkeitsgründen als einheitlichen Unterhaltsanspruch an. Eine Befristung bis zum dritten Lebensjahr des Kindes sei nur angebracht, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits absehbar sei, dass keine Verlängerungsgründe vorlägen, was in dem entschiedenen Fall jedoch nicht zutraf.
Fazit zu Betreuungsunterhalt für ein nichteheliches Kind
Es ist also dem Urteil zu entnehmen, dass, sobald die Vaterschaft rechtlich feststeht, die Mutter demnach, falls ihr kein Betreuungsunterhalt gezahlt wird, die oben genannten Schritte einleiten muss, um in einem Verfahren auch Unterhalt für die Vergangenheit zugesprochen zu bekommen. Dies kann allerdings eine große Hürde für eine Mutter sein, die gerade einen Säugling versorgen muss.
(Ein Gastbeitrag von Dr. Klaus Schwichtenberg.)