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Die Maut – Vorratsdatenspeicherung aller Bewegungsdaten statt Datenschutz?

Kanzlei Lachenmann zu Datenschutz im WEG - VideoüberwachungMit der neuen Maut will die CSU eine Vorratsdatenspeicherung aller Bewegungsdaten einführen – kurz: ein Angriff auf die Persönlichkeitsrechte der Bürger, der seinesgleiches sucht. In Zeiten der Enthüllungen Edward Snowdens, der einen systematisierten Rechtsbruch der Regierungen bzw. wildgewordener Geheimdienste wie NSA, GHCQ und BND aufdeckte, sollte man eigentlich denken, dass die Prinzipien der Datenvermeidung und Datensparsamkeit zum wichtigsten Gut erhoben würden. Stattdessen gibt es „Surveillance by Design“. Das heißt, Dobrint verspricht „härtestmöglichen Datenschutz“. Was das bei der CSU bedeutet, ist bekannt: Freibriefe für Geheimdienste, nahezu unbegrenzte Zugriffe auf Daten der Bürger durch staatliche Verfolgungsbehörde (von ex-IM Friedrich schon lange auf LKW-Maut-Daten gefordert), Einsatz von PC-Trojanern, die vom Bundesverfassungsgericht zuvor als rechtswidrig eingestuft worden waren usw. Und das in einer Zeit, in der auch Ampeln Kennzeichen scannen können.

Mit dem neuen Maut-Gesetz (hier im Volltext) will Dobrint ernsthaft folgende Daten der Autofahrer regelmäßig für 13 Monate, teils sogar für 6 Jahre speichern (so § 10 Abs. 2 Satz 1 InfrAG-E):

  • Bild des Kraftfahrzeugs
  • Name und Anschrift der Person, die das Kraftfahrzeug führt
  • Ort und Zeit der Benutzung von Straßen
  • Kennzeichen des Kraftfahrzeugs

Der angebliche Zweck ist ausschließlich, Rückerstattungen zu prüfen, falls Autofahrer ihren PKW ein Jahr lang nicht nutzen. Da dieser Fall nicht eintreten wird (stattdessen würden Fahrer ihren PKW abmelden und so Steuern sparen), erscheint offensichtlich, dass dies nur ein vorgeschobener Grund ist. Ziel des Mautgesetzes kann nur sein, komplette Bewegungsprofile sämtlicherAutofahrer zu erstellen und so ein staatliche Überwachung praktisch aller Bewegungen der Bürger herzuführen. Wenn man daran denkt, welche Daten online erhoben werden, wäre die staatliche Vollüberwachung nicht mehr weit. Üblicherweise warten staatliche Stelle ja etwas mit der Forderung nach neuem Zugriff auf Daten. Nicht so beim Maut-Gesetz: Das BKA fordert schon jetzt die Nutzung der Daten aus der neuen Vorratsdatenspeicherung.

Datenschutz beim Maut-Gesetz – nicht vorhanden, stattdessen: neue Vorratsdatenspeicherung

Das Maut-Gesetz ist dabei im Bereich des Datenschutzes katastrophal schlecht. Dazu kommt, dass die Datensicherheit praktisch nicht vorkommt, obwohl das BVerfG diese für besonders maßgeblich hält (BVerfG, Urt. v. 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 u.a.). Das Gesetz lässt sowieso jede Verhältnismäßigkeit vermissen, aber selbst ein legitimer Zweck dürfte für diese Vorratsdatenspeicherung der Bewegungsdaten kaum zu bejahen sein. Dass dieses ungekannte Ausmaß der Vorratsdatenspeicherung des Maut-Gestzes Verfassungsrechtswidrig ist, liegt wohl auf der Hand. Unabhängig von der politischen Sinnhaftigkeit (offensichtlich ist das Maut-Gestetz nur für bayerische Stammtische gemacht) und der europarechtlichen Zulässigkeit der Erhebung nur für Ausländer, erscheint die Vorratsdatenspeicherung des Maut-Gesetzes bereits aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als verfassungswidrig. Es ist wirklich schockierend, dass der CSU bzw. Union das nicht vorher auffällt, sondern dass man auch hier mittels „Augen zu und durch“ erst am Bundesverfassungsgericht scheitern will.

Update 12.12.2014: Die öffentliche Kritik hat gewirkt! Im aktualisierten Gesetzesentwurf ist die Vorratsdatenspeicherung gestrichen. Geblieben sind Mängel im technischen Datenschutz, aber immerhin werden nun die Fahrzeugdaten nach einem Abgleich vor Ort gelöscht. Ausführlich dazu berichtet der Kollege Bergt mit aktuellem Blogbeitrag. Das ändert natürlich nichts daran, dass die Maut weiterhin verkehrspolitisch völlig verfehlter Unsinn ist.

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