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Widerrufsrecht: Was Sie dazu wissen sollten

Immer wieder werde ich gefragt, wann ein Vertrag widerrufen werden kann, sowohl von Verbrauchern als auch von Unternehmen. Der Irrglaube der Verbraucher, einen Widerruf könne man immer geltend machen, hält sich dabei wacker. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ein Widerrufsrecht hat man nur, wenn es gesetzlich vorgesehen ist. Es gilt der Grundsatz: „Pacta sunt servanda“ („Verträge sind einzuhalten“). Dennoch kann man sich aus Gründen des Verbraucherschutzes von bestimmten Verträgen lösen.

Dieser Beitrag soll daher einen Überblick geben, in welchen Fällen ein Widerrufsrecht besteht, wann eventuelle Ausnahmen vorliegen und wie es ausgeübt werden muss.

Wann hat ein Vertragspartner ein Widerrufsrecht?

Ein Widerrufsrecht besteht nur, wenn es gesetzlich normiert ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält dazu eine Vielzahl von Regelungen. Wichtigste Voraussetzung: Es muss ein Verbrauchervertrag gemäß § 310 Abs. 3 BGB vorliegen, d. h., ein Vertrag zwischen dem Unternehmer und einem Verbraucher (§ 14 BGB).

Eine Person ist dann Verbraucher, wenn sie den Vertrag zu privaten Zwecken schließt. Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Unternehmer die nachfolgenden Widerrufsrechte nicht gegenüber einem anderen Unternehmer geltend machen kann.

Die Widerrufsrechte im Einzelnen:

a) Verträge außerhalb der Geschäftsräume

Das BGB sieht in § 312 g Abs. 1 ein Widerrufsrecht für sog. Verträge vor, die außerhalb geschlossener Geschäftsräume eines Unternehmens geschlossen werden, besser bekannt als Haustürgeschäfte. Der Verbraucher soll sich von ungewollten Verträgen lösen können, wenn er von einem Unternehmer überrumpelt wurde und den Vertrag eigentlich gar nicht abschließen wollte oder es sich doch anders überlegt.

Wann ein solches Haustürgeschäft vorliegt, regelt § 312 b BGB. Dieser betrifft vor allem die Fälle, bei denen der Verbraucher an der eigenen Haustür angesprochen wird. Darunter fällt auch ein Stand im Supermarkt, an dem man Zeitschriften-Abonnements abschließen kann oder die klassische „Kaffeefahrt“. Ein Haustürgeschäft liegt außerdem vor, wenn der Verbraucher, unmittelbar nachdem er angesprochen wurde, für den Vertragsschluss die Geschäftsräume des Unternehmers aufsuchen soll. Denn auch hier besteht die Gefahr der Überrumpelung. Das Widerrufsrecht entfällt jedoch, wenn der Verbraucher erst einige Zeit später für den Vertragsschluss wiederkommt. Dann wird ihm nämlich aufgrund der Bedenkzeit der Verbraucherschutz abgesprochen.

Wird ein Vertrag in der Wohnung eines Verbrauchers abgeschlossen, z. B. der Verbraucher wird auf seiner Terrasse über den Kauf einer Markise beraten und schließt gleich den Vertrag ab, liegt auch ein Rechtsgeschäft außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers vor. Unternehmer müssen in diesen Fällen immer eine Widerrufsbelehrung vorhalten.

b) Fernabsatzverträge

Ein Widerrufsrecht steht dem Verbraucher aber auch bei einem Fernabsatzgeschäft gemäß § 312 g Abs. 1 BGB zu. Das Fernabsatzgeschäft umfasst Verträge, bei denen sich Unternehmer und Verbraucher nicht persönlich gegenüberstehen. Für den Vertragsschluss werden gemäß § 312 c Abs. 1 BGB ausschließlich sog. Fernkommunikationsmittel verwendet, also beispielsweise das Internet, Briefe oder E-Mails oder ein Telefonat.

Einen besonderen Schutz erhält der Verbraucher durch das Widerrufsrecht hier, weil er sich regelmäßig nur ein eingeschränktes Bild von der Person des Vertragspartners und dem Produkt machen kann. Das heißt aber auch, dass ein Widerruf nicht möglich ist, sobald die Vertragsverhandlungen vorher im Geschäft des Unternehmers stattgefunden haben und der Verbraucher daraufhin die Ware telefonisch bestellt.

Durch die Corona-Pandemie boomt der Fernabsatz. Viele Händler haben aufgrund der Schließung des stationären Handels auf einen Online-Shop umgestellt oder bieten ihre Waren via „Click & Collect“ an. Auch dabei hat der Verbraucher unter den oben genannten Voraussetzungen ein Widerrufsrecht, d.h., wenn der Vertrag über das Bestätigen eines Bestellknopfs, durch Sofortzahlung (z.B. Paypal) oder durch E-Mail zustande kommt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kauf erst vor Ort endgültig abgeschlossen wird, weil der Verbraucher das Produkt bis zur vollständigen Besichtigung nur reserviert hatte. Daher empfiehlt es sich für Unternehmer beim Anbieten von Click & Collect, ein Widerrufsrecht vorzuhalten, wenn der Vertrag im Fernabsatz geschlossen wird.

c) Ausnahmen des Widerrufsrechts

Weil in einigen Fällen eine Rückabwicklung des Vertrages für den Unternehmer unzumutbar wäre, zählt § 312 g Abs. 2 BGB Ausnahmen auf, wann ein Widerrufsrecht nicht besteht. Zum Beispiel für versiegelte Waren, die aufgrund des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zurückgegeben werden können, weil die Versiegelung entfernt wurde. Dazu zählen Kosmetikprodukte, Arzneimittel oder leicht verderbliche Lebensmittel (Achtung: Gilt nicht für Lebensmittel, die nicht leicht verderblich sind, z. B. Dosen etc.). Ob dies auch für Unterwäsche oder In-Ear-Kopfhörer gilt, hatte ich bereits in einem anderen Beitrag thematisiert. Diesen finden Sie hier: https://kanzlei-lachenmann.de/widerrufsrecht-sind-in-ear-kopfhoerer-und-bhs-als-hygieneartikel-ausgenommen/

Außerdem kann der Verbraucher einen Vertrag nicht widerrufen, wenn etwas entsprechend seiner Bedürfnisse hergestellt wurde, wie beispielsweise ein maßgeschneiderter Anzug. Der Unternehmer wird diesen nämlich regelmäßig nicht mehr weiterverkaufen können.

Eine Ausnahme speziell für das Haustürgeschäft sieht § 312 Abs. 2 Nr. 12 BGB vor. Der Verbraucher hat kein Widerrufsrecht, wenn die gegenseitigen Leistungen sofort erbracht bzw. bezahlt werden und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40,00 € nicht übersteigt.

Wie erklärt ein Verbraucher richtig den Widerruf?

Sobald dem Kunden ein Widerrufsrecht zusteht, muss er dieses wirksam ausüben. Vor der Neufassung des § 355 BGB musste ein Widerruf schriftlich erklärt werden. Mittlerweile wurde dieses Merkmal gestrichen. Ein Widerruf kann daher formfrei, das heißt sowohl schriftlich als auch mündlich, erfolgen. Um im Streitfall aber nicht Beweisschwierigkeiten zu bekommen, ist man gut beraten, den Widerruf schriftlich oder in Textform, also z.B. per E-Mail, zu erklären.

Der Unternehmer hat ein Widerrufsformular zur Verfügung stellen, das der Verbraucher aber nicht nutzen muss. Wichtig ist nur, dass die Erklärung den Entschluss zum Widerruf eindeutig enthält. Eine Begründung ist nicht erforderlich.

Wann muss der Widerruf erklärt werden

Für die Ausübung seines Widerrufsrechts hat der Verbraucher nach § 355 Absatz 2 BGB 14 Tage Zeit. Wann der Widerruf beginnt, hängt von der Art des Vertrags ab. Bei Kaufverträgen beginnt die Widerrufsfrist ab dem Tag, „an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat“. Bei Dienstleistungsverträgen und Verträgen über digitale Inhalte beginnt die Frist ab Vertragsschluss. Doch Vorsicht! Bei richtiger Widerrufsbelehrung verzichtet der Verbraucher auf eine Widerrufsfrist, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt oder mit dem Download einer digitalen Leistung begonnen wird.

Für den Unternehmer ist es nicht einfach, eine richtige Widerrufsbelehrung zu erteilen. Ist sie falsch, kann der Verbraucher nicht nur 14 Tage, sondern innerhalb einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss oder Erhalt der Ware noch widerrufen! Genau diese Belehrung ist häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten und Abmahnungen. Für Unternehmer empfiehlt es sich, Verträge innerhalb der Geschäftsräume abschließen zu lassen.

Welche Folgen hat ein Widerruf?

Mit der Ausübung des Widerrufsrechts wird der Vertrag unwirksam. Die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren (§ 357 Abs. 1 BGB). Für die Rücksendung hat der Verbraucher 14 Tage Zeit, sofern es sich um einen Haustür- o. Fernabsatzvertrag handelt. Die Kosten der Rücksendung trägt der Verbraucher, § 357 Abs. 6 BGB, wenn er darüber in der Widerrufsbelehrung unterrichtet wurde.

Diese Kostenregelung überrascht immer noch viele Käufer, obwohl das Gesetz schon 2014 dahingehend geändert wurde. Das mag daran liegen, dass in der Praxis häufig davon abgewichen wird. Viele Online-Händler übernehmen die Kosten für die Rücksendung und legen der Sendung schon vorab einen Retourschein und eine entsprechende Versandmarke bei.

Wichtig: Der Unternehmer hat einen Anspruch auf Wertersatz, wenn der Verbraucher mit einer Sache in einer Weise umgegangen ist, die zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften oder der Funktionsweise nicht erforderlich war (§ 357 Abs. 7 BGB).

Aber: der Unternehmer muss den Verbraucher über sein Widerrufsrecht und die Pflicht zum Wertersatz informiert haben.

Fazit

Unternehmer sind gut beraten, richtige Widerrufsbelehrungen zu verwenden – abhängig von der Art des Vertrags, aber auch auf Seiten des Verbrauchers gibt es einiges zu beachten.

Fragen? Ich berate Sie gerne!

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